20. Juni 2024 – Im Juni 2024 hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Immobilienkäufer und Bauherren hatten gehofft, dass diese Maßnahme zu einer Senkung der Bauzinsen führen würde. Doch diese Hoffnungen wurden enttäuscht. Warum hat die Senkung des Leitzinses nicht zu günstigeren Baufinanzierungen geführt?
Zusammenhang zwischen EZB-Leitzins und Bauzinsen
Der EZB-Leitzins beeinflusst primär die kurzfristigen Zinsen im Interbankenmarkt. Wenn die EZB den Leitzins senkt, können sich Banken günstiger Geld leihen, was oft dazu führt, dass auch die Kreditzinsen für kurzfristige Darlehen sinken. Bauzinsen für Immobilienfinanzierungen hingegen werden von langfristigen Faktoren wie den Zinsen für festverzinsliche Wertpapiere, speziell Bundesanleihen und Pfandbriefe, beeinflusst.
Bundesanleihen und Pfandbriefe als Zinsindikatoren
Bundesanleihen gelten als besonders sichere Anlagen und ihre Renditen dienen oft als Referenz für andere Zinssätze im Finanzmarkt, einschließlich der Bauzinsen. Pfandbriefe, durch Immobilienkredite besicherte Schuldverschreibungen, folgen in ihrer Zinshöhe typischerweise den Renditen von Bundesanleihen. Steigen die Zinsen für Staatsanleihen, steigen auch die Zinsen für Pfandbriefe und somit die Bauzinsen.
Aktuelle Marktentwicklungen
Anfang 2024 sorgten gesunkene Renditen für zehnjährige Bundesanleihen und eine sich entspannende Inflation für fallende Bauzinsen. Doch seit Jahresbeginn sind die Zinsen für Staatsanleihen wieder gestiegen. Diese Entwicklung basiert auf Inflationserwartungen, wirtschaftlicher Lage und politischen Unsicherheiten. Ein Anstieg der Anleiherenditen bedeutet teurere Pfandbriefe und höhere Bauzinsen.
Begrenzte Wirkung der EZB-Maßnahmen
Die Senkung des EZB-Leitzinses kann zu kurzfristig niedrigeren Refinanzierungskosten der Banken führen, doch die langfristigen Zinsen für Baufinanzierungen werden von anderen Marktkräften bestimmt. Die EZB-Maßnahmen haben daher nur begrenzte Auswirkungen auf die Bauzinsen und damit auf die Immobilienmärkte
Fazit
Wer auf eine deutliche Reduzierung der Bauzinsen durch die EZB-Senkung im Juni 2024 gesetzt hat, wurde enttäuscht. Bauzinsen hängen stark von Bundesanleihen, Pfandbriefen und Markterwartungen ab. Solange die Renditen von Staatsanleihen hoch bleiben, ist auch keine Senkung der Bauzinsen zu erwarten. Experten prognostizieren für das zweite Halbjahr 2024 eine Seitwärtsbewegung der Hypothekenzinsen. Eine Rückkehr zu extrem niedrigen Bauzinsen unter 2 Prozent, wie zwischen 2015 und Anfang 2021, ist für die nächsten Jahre nicht absehbar.
Verglichen mit dem Vorjahr, als die Bauzinsen bei 4,2 Prozent lagen, ist das aktuelle Zinsniveau um die 3,5 Prozent aber günstig. Im Jahr 2000 lag der Effektivzins bei einer Zinsbindung von zehn Jahren für Baufinanzierungen bei durchschnittlich 6,4 Prozent pro Jahr. Und in den 1990er Jahren mussten Kreditnehmer bis zu 11 Prozent für ihre Baufinanzierung bezahlen. Insgesamt sind das also gute Nachrichten für Kaufinteressierte: Gestiegene Realeinkommen, stabile oder leicht gesunkene Immobilienpreise und stabile Bauzinsen machen die eigenen vier Wände für viele Menschen wieder erschwinglicher.